Murdochs neues Web-TV
30. Okt. 2007, 10:17 | 0 KommentareHulu, das neue Webvideo-Portal von Rupert Murdoch und NBC, verspricht werbefinanzierten Genuss von Top-Fernsehserien wie "Simpsons" und "Heroes" nach YouTube-Vorbild. Der Dienst ist am Montag in den geschlossenen Betabetrieb gegangen, in Europa sind die Inhalte allerdings nicht zugänglich. Noch nicht.
Am Montag hat das von den US-Medienkonzernen NBC und News Corp. gegründete Webvideo-Projekt Hulu den vorerst geschlossenen Betabetrieb aufgenommen. Damit hat Hulu gerade noch den im August für Oktober angekündigten Starttermin eingehalten.
Zu sehen ist auf der Plattform für nicht eingeladene User allerdings noch nicht viel. Interessenten können sich mit ihrer Mail-Adresse registrieren lassen. Einen genauen Starttermin haben die Hulu-Macher auch noch nicht bekanntgegeben; in Agenturberichten ist von einem Start "in einigen Monaten" die Rede. Das Angebot, das auch Serienhits wie "The Simpsons" und "Heroes" zeigt, ist werbefinanziert.
Nutzer statt Produzenten
Hulu wird in Agenturberichten gern als Konkurrenz zu Googles Videoportal YouTube bezeichnet. Tatsächlich soll Hulu jedoch auch in voll ausgebautem Zustand seinen Nutzern keine Möglichkeit bieten, selbst Videos hochzuladen. Die Nutzer können die Videos aber kommentieren, empfehlen und - wie von YouTube gewöhnt - in die eigenen Weblogs und Profilseiten einbetten. Über diese Strategie will Hulu seinen Werbekunden den Weg ins "Soziale Web" bahnen.
Die Frage bleibt, ob Hulu über die Werbung so viel Geld lukrieren wird können, dass damit die Kosten für den Unterhalt der Plattform und den Datenverkehr wieder hereingeholt werden. Für das optimale Web-TV-Erlebnis wird der im Browser laufende Flash-basierte Hulu-Player auch einen Vollbildmodus bieten.
Wie das US-Branchenweblog TechCrunch schreibt, ist ein Teil des Angebots, das aus professionell produzierten Filmen und Fernsehserien aus dem Fundus von NBC, Rupert Murdochs Sendern, Sony und MGM stammt, bereits heute im Hulu-Channel bei AOL abrufbar.
Geolocation vs. Internet
Zugriffsversuche von außerhalb der Vereinigten Staaten quittiert die AOL-Variante des Hulu-Channels mit der Anzeige eines tiefschwarzen Rechtecks und der Meldung "The requested video cannot be displayed in your region". Murdochs neues Web-Fernsehen ist also in Europa unsichtbar - vorerst.
In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Hulu.com ist von regionalen Beschränkungen keine Rede. Eine Anfrage von Ress.at zu diesem Thema bei Hulu läuft. Die AGBs verpflichten die Nutzer des Dienstes aber auch dazu, nicht näher spezifizierte "bestimmte Nutzerdaten" zur Verfügung zu stellen und diese stets aktuell zu halten. Die Nutzer akzeptieren auch bei jedem Login automatisch die jeweils aktuelle Version der AGBs.
YouTube legal überholen
Nach dem Willen von Hulu.com sollen die eingebetteten Videos als Werbeagenten so bleiben, wie sie sind. Die AGBs verbieten es, das Material umzuschneiden und zu remixen oder es in ungehörigem Umfeld zu zeigen, etwa im Kontext von "unangemessenen" Inhalten, die zu Sex, Gewalt oder Hass auffordern. Hulu behält sich auch vor, später kostenpflichtige "Premium"-Angebote bereitzustellen.
Der große Trumpf von Hulu ist, dass es unbeschwert von Copyright-Klagsdrohungen mit jenem Material wuchern kann, das YouTube wirklich groß gemacht hat, nämlich mit professionell gemachten TV-Inhalten, die fürs Web aufbereitet worden sind. Insofern ist Hulu auch eine Gefahr für Neo-TV-Dienste wie Zatoo und Joost, denn YouTube hat die Nutzer an einen cleveren Mix zwischen Web- und Fernseh-Funktionalität gewöhnt. Einen einfach und schnell zu bedienenden Rückkanal bieten diese Systeme nämlich nicht.
Mächtige Investoren
Die erste Besprechung von Hulu durch den Social-Web-Experten Om Malik klingt jedenfalls hymnisch. Hulu funktioniere prächtig als gigantischer Video-on-demand-Dienst, mit dem man sich beispielsweise Serienfolgen ansehen könne, die man verpasst habe. Bildqualität und Oberflächengestaltung seien hervorragend.
Ein anderer Social-Web-Berichterstatter, Marshall Kirkpatrick von Read/Write Web, kritisiert dagegen den Start als geschlossene Beta und die schwachen Interaktionsmöglichkeiten, die der Dienst seinen Nutzern im Vergleich zu Do-it-yourself-Systemen wie YouTube bietet.
Es bleibt abzuwarten, wie sich Hulu im Alltagsbetrieb schlägt - und ob das Konzept profitabel sein kann. Murdoch allein hat jedenfalls schon einen langen Atem. Der Investor Providence Equity hat 100 Millionen Dollar zugeschossen. Und hinter CBS steht der Megakonzern General Electric.
Der Druck auf das herkömmliche Fernsehen wächst. Und ob Niklas Zennström und Janus Friis unter diesen Umständen ihr Joost ebenso elegant an einen zu reichen Investor abstoßen werden können, wie es ihnen bei dem Skype-Deal mit eBay gelungen ist, darf ab sofort schwer bezweifelt werden.
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