Nokias Tanz um den Pinguin

14. April 2007, 13:53 |  2 Kommentare

In den letzten beiden Wochen hat sich auf dem Sektor Linux-Handys mehr getan als in den letzten zwei Jahren. Nokia öffnete seine führende S60-Software-Plattform für Drittprogramme und trat der Linux Foundation bei.

Der in dieser Woche angekündigte Umstieg des Handheld-Pioniers Palm auf ein Linux-Betriebssystem war nur ein weiterer Schritt in einem Prozess, der in den vergangenen zwei Wochen sichtbar an Dynamik gewonnen hat.

Seit etwa zwei Jahren wird dem alternativen Betriebssystem von Branchenkennern auf den Smartphones und Handhelds der näheren Zukunft eine wichtige Rolle prophezeit. Wann dieser Zeitpunkt eintreten würde, konnte und wollte aber niemand auf ein Jahr genau festlegen, zu viele Unsicherheitsfaktoren waren dabei im Spiel.

Nokia und die Linux Foundation
Seit zwei Wochen verdichten sich die Anzeichen, dass dieser Zeitpunkt nunmehr direkt bevorsteht. Die dafür entscheidenden Schritte hatte nicht der angeschlagene Taschencomputer-Hersteller Palm getan, sondern der Handy-Weltmarktführer Nokia.

Am 3. April 2007 gab die Linux Foundation, eine Non-Profit-Organisation zur Entwicklungsförderung des alternativen Betriebssystems, den Beitritt von Nokia bekannt.

Warten seit 2005
Das ist umso bedeutsamer, als seit Mai 2005 auf einen solchen Schritt der Finnen gewartet wird. Da hatte Nokia auf dem Linux World Summit in New York sein "Internet Tablet 770" samt dem zugehörigen Linux-Derivat Maemo vorgestellt.

Das Betriebssystem ist mittlerweile bei der Version 3.1. angelangt. Danach gab es wenig Neues, der von manchen erwartete Durchbruch blieb bisher aus.

Vorsichtige Öffnung von Symbian
Parallel zum Beitritt kündigte Nokia nun an, dass die Interfaces zur Symbian-Software-Plattform für Programme von Drittherstellern in Teilen geöffnet wurden.

War bis dahin die proprieträre Programmiersprache Symbian C++ Pflicht, so stehen seit Anfang April Open-C-Libraries für Nokias S60-Plattform zur Verfügung. Damit können zum Beispiel Linux-Programme viel einfacher für Nokia-Handys aller Art adaptiert werden als bisher.

Der Eiertanz
Auch ein solcher Schritt mit der nächsten Konsequenz des Vollumstiegs war seitens der Finnen bereits lange vorher angedeutet worden, nur wartet man halt bisher darauf.

Warum Nokia diesen Eiertanz rund um den Pinguin nun schon mehrere Jahre vollführt, lässt sich anhand einer Zahl erklären: 47,9 Prozent. So hoch sind die Anteile Nokias am weltweit führenden Symbian-Betriebssystem, dem die Finnen nicht zuletzt ihre Vormachtstellung auf dem Handy-Weltmarkt verdanken.

200 Millionen Linux-Handys 2012
Und schon sind die Branchenanalysten dabei, ihre Prognosen noch oben zu revidieren. Die Marktforschungsfirma ABI Research rechnet mit 200 Millionen Linux-Handys im Jahr 2012, was gegen die 2007 vorwiegend in Fernost verkauften acht Millionen Linux-Mobilgeräte ein recht stolzer Anstieg ist.

Vorwiegend Smartphones - also höherklassige Geräte - sollen mit der Kraft des Pinguins betrieben werden [127 Mio.], das restliche Drittel stellen Mittelklassehandys. Auf diesem Sektor war der Linux-Anteil 2007 praktisch null.

Natürlich sind bei einer Entwicklung, die gerade erst dabei ist, in Schwung zu kommen, Fragen wie die "Total Cost of Ownwership" ganz einfach mangels vorliegender Erfahrungswerte noch nicht wirklich geklärt.

Latenzprobleme
An der Beseitigung eines weiteren Hindernisses, nämlich bestehender Latenzprobleme beim Einsatz von Linux in Einprozessorhandys, muss noch gearbeitet werden, das merken die Marktforscher von ABI ebenfalls an.

Dass ein schlankes Linux-Derivat auch auf Mittelklassehandys problemlos laufen kann, ist angesichts der Entwicklung bei "Embedded Linux" leicht abzusehen.

Quelle: Linuxdevices.com





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