Kefir am 22. Februar 2007 um 14:42 |  0 Kommentare | Lesezeit: 3 Minuten, 45 Sekunden

Computer & Cyberspace Harte Arbeit im «Second Life»

Frankfurt/Main (AP) Die virtuelle Parallelwelt «Second Life» hat schon mehr Einwohner als Berlin: 3,7 Millionen Menschen aus aller Welt haben sich bisher einen Avatar zugelegt, also die Verkörperung einer digitalen Identität, und bewegen sich nach Art von Harry Potter mit einem «Teleporter» durchs Land der unbegrenzten Online-Möglichkeiten. Ansonsten aber herrschen in Second Life (SL) die gleichen Einschränkungen wie im wirklichen Leben: Wer nicht nur als unbeteiligter Beobachter unterwegs sein will, muss zahlen. Viele melden sich an, weil sie neue Leute kennenlernen und chatten wollen. Aber Kommerz ist in Second Life wichtiger als Kommunikation.

«Es gibt in Second Life so viele Chancen für Innovation und Profit wie in der realen Welt», versichert die kalifornische Betreiberfirma Linden Lab und fordert die Mitglieder auf: «Eröffnen Sie einen Nachtklub, verkaufen Sie Schmuck oder werden Sie Immobilienspekulant; die Entscheidung liegt ganz bei Ihnen.» Tatsächlich kann man mit etwas Einfallsreichtum so viele «Linden-Dollar» verdienen, dass es sich lohnt, die virtuellen Erträge in reales Geld einzutauschen.

Die Software für die elektronische 3D-Welt wird kostenlos im Internet heruntergeladen. Danach muss man ein kleines Tutorial absolvieren und kann sich dann gleich hineinstürzen ins pralle Scheinleben. Die meist besuchten Plätze in SL haben recht eindeutige Dienstleistungen zu bieten.

«Bitte die Tänzerinnen nicht berühren», heißt es in der Hausordnung des Nachtklubs Arsheba. Der ist natürlich Tag und Nacht geöffnet, weil SL alle Zeitzonen abdeckt. Die Gäste sprechen Englisch, Französisch oder Portugiesisch und tun genauso lässig wie in einem wirklichen Club. Nur eine gewisse Penny fragt: «Weiß Deine Frau, dass Du hier bist?» Aber in der SL-Welt interessiert das niemanden. Schließlich geht es hier wie überall nur um Linden-Dollar, und so fordert die Geschäftsleitung jeden Besucher auf: «Unsere Tänzerinnen arbeiten hart. Bitte geben Sie ihnen ein Trinkgeld!»

Um an das begehrte Spielgeld zu kommen, muss man die Kreditkarte zücken. Der Kurs wird ständig neu berechnet. Für etwa vier Dollar bekommt man 1.000 Linden-Dollar und kann nun in einem der zahllosen Einkaufszentren auf Shopping-Tour gehen. Schließlich gilt auch in SL: Kleider machen Leute. Die Einkäufe landen in einem persönlichen Inventar und können bei Bedarf unterschiedlich genutzt werden. Dies führt dazu, dass man in der SL-Welt ständig Wesen in abenteuerlicher Aufmachung begegnet. Hinzu kommen gelegentliche Fehler in der Software und beim Rendern, also der Darstellung der 3D-Grafik - man sollte sich nicht wundern, wenn die eigene Gestalt plötzlich nur noch aus einem Unterleib besteht.

Wohl dem, der da einen vertrauten Platz zum Ausruhen und Nächtigen hat. Um zum SL-Häuslebauer auf eigenem Grund und Boden aufzusteigen, muss man sich aber zunächst einen «Premium Account» für zehn Dollar (7,60 Euro) im Monat zulegen. Hinzu kommt eine je nach Größe des Immobilienbesitzes gestaffelte Pachtgebühr für den virtuellen Grundbesitz.

Einige große Unternehmen der realen Welt sehen in SL eine Chance zur Werbung für ihre Produkte. Zu ihnen gehören Toyota, Adidas, Intel und IBM, die mit Präsentationen in SL neue Kunden gewinnen wollen. Sun Microsystems lud sogar schon zu einer Pressekonferenz in SL ein.

Auf den Servern der Linden Labs tummeln sich zur gleichen Zeit meist mehr als 10.000 Avatare. Am meisten Rummel herrscht nach Mitternacht europäischer Zeit, wenn in Amerika der Abend beginnt.

Auch Medien und Politik interessieren sich inzwischen für SL. Der kalifornische Kongressabgeordnete George Miller errichtete in der Fantasiewelt ein Modell des Repräsentantenhauses in Washington. Auf «Capitol Hill Island» ist auch ein Avatar für Nancy Pelosi reserviert, die starke Frau der Demokraten in Washington. «In Second Life können wir globale Sitzungen erleben», freut sich Miller.

Die Zahl der SL-Mitglieder hat sich seit September 2006 vervierfacht. Die Kombination von klassischem Monopoly mit der Alltagssimulation Sims und dem massenhaften Online-Treff wie in der World of Warcraft (WoW) hat durchaus ihren eigenen Reiz. Die SL-Bewohner sollten sich aber bewusst bleiben, dass die ins «zweite Leben» gesteckte Kreativität und Zeit womöglich dem ersten Leben verloren gehen.

http://www.secondlife.com/





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