Der Glaube an die digitalen Fesseln

10. Juni 2007, 12:50 |  0 Kommentare

Auf der Konferenz "Copyright Summit" in Brüssel hat sich ein tiefer Graben zwischen Befürwortern von Systemen digitaler Rechteverwaltung [DRM] und Freunden des Kultur-Flatrate-Modells aufgetan. Musikmanager Peter Jenner wirft der DRM-Fraktion vor, irrational an einem gescheiterten System festhalten zu wollen.

Das erste System zum digitalen Rechtemanagement. mit dem größere Zahlen von Konsumenten in Kontakt kamen, war das Content Scrambling System [CSS], eine 1996 eingeführte Methode zur Verschlüsselung von Inhalten auf DVDs.

Bertelsmann führte 2002 ein DRM-System für seine Musik-CDs ein. Microsofts neues Betriebssystem Windows Vista kontrolliert digitale Inhalte über den so genannten "Protected Media Path".

Drakonische Strafen
Das sind nur drei Beispiele dafür, wie die Medienindustrie versucht, ihre digitalen Inhalte mit technischen Mitteln zu schützen.

Dabei vertraut sie allerdings nicht auf die Technik allein. Die Organisationen der Film- und Musikindustrie verlassen sich bei der Verteidigung ihrer Investitionen neben den DRM- und Kopierschutzsystemen vor allem auf abschreckende juristische Maßnahmen wie Massenklagen und Abmahnungen.

Auf der Konferenz "Copyright Summit", die Ende Mai in Brüssel stattgefunden hat, beschwor zumindest die Sprecherin des Vivendi-Konzerns die Macht des Gesetzes. Die Strafen für Urheberrechtsverletzungen sollten in Zukunft drakonisch ausfallen.

EU will DRM
Auch auf Führungsebene der Europäischen Union glaubt man trotz aller Rückschläge noch daran, dass digitales Rechtemanagement funktionieren könnte, verkündete ein Sprecher von Viviane Reding, der EU-Kommissarin für Information, Gesellschaft und Medien, man müsse es nur anpassen.

Dabei vertreten längst nicht alle Akteure in der Musikindustrie diesen Standpunkt. Sie sind der Ansicht, dass es die Verkaufszahlen nicht steigern wird, wenn man seine Kundschaft kriminalisiert und beschimpft.

DRM als Religion
Industrie und EU vertrauten weiter auf DRM, weil es schwer sei, den Glauben an ein System ins Wanken zu bringen, meint dazu Peter Jenner. "DRM ist ein Glaubenssystem. Es wurde an die Plattenindustrie als eine Lösung verkauft, mit deren Hilfe sie ihren alten Weg fortsetzen könnten. Und den Verwertungsgesellschaften, Musikmanagern und Künstlern, indem man ihnen erzählte, dass mit DRM das Geld unter allen Rechteinhabern fair verteilt werden könnte, denn schließlich sei im Netz jede Spur nachvollziehbar."

Gedankenexperiment Kultur-Flatrate
Das Experiment DRM ist missglückt, davon ist Peter Jenner überzeugt. Einige haben bereits erkannt, dass DRM nicht die Eier legende Wollmilchsau ist, als die sie verkauft wurde. Einen gangbaren Ausweg aus der derzeitigen Situation, so Peter Jenner, könnte eine so genannte "blank licence" sein, auch bekannt unter dem Stichwort "Kultur-Flatrate".

Die Rundfunkanstalten haben es vorgeführt. Dort wird anstatt nach Titeln nach dem Modell Flatrate abgerechnet. Dasselbe System könnte jetzt auf die User ausgeweitet werden, und zwar in einer Höhe, die niemanden groß belastet.

Einfacher Verteilungsmechanismus
"Die Menschen müssen das Gefühl bekommen, dass legaler Musikgenuss fast nichts kostet. Vier oder fünf Euro im Monat könnte er sich für freien Zugang zu Musik, Video und Text vorstellen. Für die Umsetzung sollen die ISPs sorgen, die Verwertungsgesellschaften für eine gerechte Aufteilung.

Peter Jenner: "Das System ist nicht perfekt, aber das beste, was wir derzeit haben. Ich glaube daran, dass die User im Grunde genommen kein Problem damit haben, einen kleinen Beitrag für die Lizenzen zu entrichten, wenn sie es effizient, digital, und für alle Medien auf einmal erledigen können. Ich habe kein Problem damit, dass manche viel und andere nur wenig benutzen werden. Das ist egal. So funktionieren Kabel-TV und öffentlich-rechtliche Rundfunksender auch. Ausschlaggebend ist, dass es eine einzige Stelle gibt, wo diese Lizenz, die alle Rechte abdeckt, erworben werden kann. Das erscheint mir als der Heilige Gral."

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