"Facebook Messenger"-Test: Doch kein SMS-Killer
13. August 2011, 13:20
| 0 KommentareNutzer in den USA und Kanada bekommen eine neue App für iPhone und Android, mit der man simpel Nachrichten verschicken kann. Die futurezone konnte die Software bereits einem ersten Test unterziehen.
Messaging-Dienste für Smartphones sind im Silicon Valley derzeit schwer en vogue: Google hat einen (Huddle), WhatsApp bietet einen, Apple bringt bald einen (iMessage), und Facebook stellt jetzt auch endlich einen zur Verfügung. Nutzer in den USA und Kanada können sich die einfach "
Messenger" getaufte App kostenlos auf iPhone und Android installieren. Im Prinzip handelt es sich um eine abgespeckte Version der alten Facebook-App, für die Umsetzung kaufte das Online-Netzwerk aber gleich ein ganzes Start-up (
Beluga) auf. Deren Gründerin Lucy Zhang, heute hauptberuflich bei Facebook tätig,
erklärte im offiziellen Blog auch gleich, was das Ganze soll: "Es ist nicht immer leicht zu erraten, wie man jemand anderen am Handy erreichen kann. Soll man eine SMS schreiben oder ein E-Mail? Was wird der Empfänger als erstes checken?"
Dank US-iTunes-Account (iPhone) bzw. Direktinstallation auf Android (die benötigte Installationsdatei gibt es
hier) konnte die futurezone bereits via Messenger kommunizieren.
Telefonnummer abgefragt
Mit "Messenger" will Facebook das von Zhang beschriebene Kommunikations-Dilemma lösen. Wer sich in die App einloggt, bekommt direkten Zugirff auf das Nachrichten-System, wie es bereits am Desktop besteht. Von hier aus lassen sich Nachrichten an Facebook-Kontakte, aber auch an Kontakte aus dem Adressbuch des Handys schicken. Neben Fotos kann man auch den aktuellen Aufenthaltsort verschicken - im altbekannten Facebook-Stil ist die Ortungsfunktion schon vorweg aufgedreht und muss vom Nutzer im Nachhinein abgeschaltet werden. Ebenfalls Facebook-typisch: Nach dem Login wird der Nutzer auch gleich nach seiner Telefonnummer gefragt, die Eingabe kann man aber auch auf später verschieben.
Anbindung nach draußen
Damit sich "Messenger" wie SMS verhält, unterstützt er Push Notifications - auf Wunsch kann man sich also optisch als auch per Ton auf neue Nachrichten hinweisen lassen. Weil Facebook aber noch nicht alle Menschen als Mitglieder bei sich begrüßt hat, lässt es bei "Messenger" auch die Kommunikation nach außen zu: Nicht-Mitglieder können aus der App heraus per Handynummer adressiert werden, die Nachricht wird ihnen dann per herkömmlicher SMS zugestellt. Das funktioniert derzeit aber nur in den USA und Kanada, wo "Messenger" offiziell erhältlich ist. Laut Facebook-Sprecherin Tina Kulow soll die Handy-Software aber auch bald in Deutschland verfügbar sein. Dazu muss das Unternehmen wohl im Hintergrund noch Verhandlungen mit Mobilfunkern abschließen, die den SMS-Versand an Nichtmitglieder abwickeln.
Grenzen
Ohne SMS geht es also auch bei "Messenger" nicht. Durchsetzen wird sich die App wohl nur bei denen, die bereits pausenlos Facebook-Nachrichten versenden und nun auch unterwegs schnellen Zugriff auf das System haben wollen. Die Zukunft der SMS sieht aber wohl anders aus, da für alle Nichtmitglieder der gewonnene Vorteil, auch Bilder und GPS-Daten verschicken zu können, verloren geht. Außerdem werden sie es nicht einsehen, warum ihre Privatnachrichten auf den Facebook-Servern landen sollten. Erfolgreich können "Messenger" und vergleichbare Lösungen nur werden, wenn ein gemeinsamer Standard die Kommunikation über verschiedene Angebote hinweg (z.B. zwischen iMessage und Huddle) ermöglichen wird, so wie heute jedes Handy unabhängig von Betriebssystem und Betreiber eine Kurznachricht an jedes andere Handy schicken kann.
Ausbau
Zukunftsszenarien für "Messenger" gibt es natürlich auch: Seit mit Skype am Desktop Video-Calls ermöglicht werden, ist es wohl nur eine Frage der Zeit, bis diese Funktion auch in der App einzieht - zum Sprachtelefonat via VoIP ist es dann nur mehr ein kleiner Schritt. Insgesamt geht es Facebook wie auch Apple und Google darum, die Position der Mobilfunker, die wesentlichen Umsatz aus dem Verkauf von SMS schöpfen, zu schwächen und sich selbst in die Kommunikationskanäle der Kunden einzuklinken (die futurezone
berichtete).
Quelle: Futurezone