Brustvergrößerung per Klingelton

01. März 2007, 11:43 |  3 Kommentare

Der Blick auf die Handy-Nutzung in Japan offenbart immer wieder erstaunliche Details, die sich nicht allein mit der japanischen Begeisterung für neue Technologien erklären lassen. Die Entwicklung von Haushaltsgeräten beispielsweise, die mit emotional-suggestiven Klingeltönen um Aufmerksamkeit buhlen, muss wohl auf kulturelle Eigenheiten zurückgeführt werden.

Das "MuPass" genannte System, über das Mikrowellen, Wecker und Baby-Spielzeug Handy-Klingeltöne abspielen, kommt vom Spielautomaten-Hersteller Sammy. Technisch ist MuPass Lowtech. Das System transferiert Klingeltöne per Infrarot vom Telefon an das empfangende Gerät. Viele aktuelle Mobiltelefone verfügen nicht mal mehr über den dafür notwendigen Infrarot-Sender. Trotzdem sind MuPass-kompatible Geräte nicht gerade günstig. Ein Seiko-Wecker mit Speicherplatz für 4000 Weck-Töne kostet beispielsweise mehr als 60 Euro.

Mit der Invasion der Klingeltöne in alle denkbaren Geräte hört die Entwicklung aber längst nicht auf. Wenn potentiell alle elektronischen Gadgets über das Handy akustisch personalisiert werden können, ändern sich natürlich auch die Anforderungen an die Klingeltöne. Ein Baby-Spielzeug sollte schließlich anders tönen als die Spülmaschine, der Wecker anders als das in Japan obligatorische Radarfallen-Warngerät im Auto. Die Frage, ob Spielzeug oder Küchengeräte überhaupt individuelle Sound-Einstellungen brauchen, mal außen vor gelassen.

Um den neuen Einsatzgebieten gerecht zu werden, hat Sammy jedenfalls eigens eine Reihe "emotional-funktionaler" Töne entwickelt. Die wissenschaftliche Weihe erhalten die Klangschnipsel von einer weltweit wohl einmaligen Institution, dem "Japan Ringing Tone Laboratory". Mit diesem Anspruch soll der Wecker-Klingelton "Wach auf und fühl die dich großartig" aus Morgenmuffeln Durchstarter machen. Notorisch quengelige Kleinkinder sollen unterdessen durch den Ton "Das Baby hört auf zu Weinen" prompt ihren Seelenfrieden finden.

Zukünftig will Sammy regelmäßig weitere suggestive Klingeltöne zum Download anbieten. Konkret angekündigt sind bereits die vielversprechenden Kreationen "Unterdrücke deinen Ärger" und "Sei motiviert". Aus europäischer Perspektive scheinen diese Entwicklungen reine High-Tech-Esoterik zu sein. Im Vergleich zu früheren Klingelton-Hits sind sie regelrecht seriös.

So avancierte 2004 der "Brustvergrößerungs-Klingelton" in Japan zum Verkaufsschlager. Das angeblich medizinisch wirksame Handy-Piepen fand bei einem Preis von rund zwei Euro mehr als 100.000 Käufer und Käuferinnen. Urheber des Sounds war übrigens ausgerechnet ein Mitglied der berüchtigten Aum-Sekte, der sein Produkt als "positive Gehirnwäsche" anpries.


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