"Kreditkartennummern in Musik-Files"
26. Sep. 2007, 22:11 | 0 KommentareOnline-Musikpionier Michael Robertson muss seinen Webshop AnywhereCD, der CDs im Doppelpack mit MP3-Downloads anbietet, schließen. Nun rechnet er mit den großen Musikkonzernen ab.
Die Idee war gut, die Welt war noch nicht bereit. Über seinen Webshop AnywhereCD wollte Robertson die Unmittelbarkeit von Musik-Downloads mit der Vertrautheit und Dauerhaftigkeit von CDs verbinden. Für durchschnittlich rund 15 Dollar bot er CDs und Downloads [MP3-Format, 192 KBit/s] im Doppelpack an.
Nach einem Rechtsstreit mit dem Musikkonzern Warner Music macht sein im April gestarteter Online-Musikshop Ende September dicht.
In seinem Weblog erklärt der Online-Musikpionier, der Ende der 1990er Jahre mit MP3.com die Musikindustrie aufschreckte, das Scheitern seiner Geschäftsidee und zeichnet dabei auch ein Sittenbild der Musikwirtschaft im Zeitalter digitaler Downloads.
"Internet-freundliche CDs"
Angesichts rasant fallender CD-Verkäufe nahm Robertson an, dass ein Shop wie AnywhereCD bei den Musikkonzernen auf offene Ohren stoßen würde.
Durch die Koppelung an Downloads wollte er den CD-Kauf attraktiver machen: Kaufe man im Netz eine CD, so könne man sie nicht unmittelbar anhören, sondern müsse auf die Lieferung der Plastikscheibe warten. Könne man jedoch die Songs nach dem Kauf herunterladen, sei dieses Problem gelöst. "Ich wollte die CD neu erfinden, indem ich sie Internet-freundlich mache", so Robertson.
Den Labels bot er die Zahlung des Großhandelspreises für die CD an. Für die digitalen Tracks stellte er den Musikfirmen zwei Dollar zusätzlich in Aussicht.
Schwierige Verhandlungen
Die Verhandlungen mit Musikkonzernen gestalteten sich jedoch schwierig. Vertreter der großen Labels standen der Idee zwar aufgeschlossen gegenüber, begannen jedoch bald, unerfüllbare Forderungen zu stellen, so Robertson.
"Wahnsinnige" Idee
So wurden von einem Label Vorauszahlungen in Millionenhöhe gefordert. Ein Vertreter eines Musikkonzerns verlangte sogar, dass die Kreditkartennummern der Käufer in die Musikfiles eingebettet werden sollen. Eine, wie Robertson meint, "wahnsinnige" Idee, deren Umsetzung gegen zahlreiche Gesetze verstoßen hätte.
Rechtsstreit mit Warner Music
AnywhereCD ging schließlich im April an den Start. Von den großen Labels war nur die Warner Music Group mit an Bord.
Das Label stieß sich jedoch bald am Verkauf seiner Musik ohne Kopierschutzbeschränkungen und kündigte den Vertrag mit Robertson auf.
Abverkauf
Ende September wird AnywhereCD geschlossen. Bis dahin können US-Kunden CD und Downloads zum Abverkaufspreis von sieben Dollar pro Album erstehen.
Das Scheitern seiner Geschäftsidee führt Robertson auf die mangelnde Unterstützung der Musikindustrie, aber auch auf das fehlende Medienecho zurück.
Trotz hoher Verluste glaubt Robertson, dass er mit seinem Online-Musikdienst auch dazu beigetragen hat, dass auch die ersten großen Labels nun ihre Musik ohne Kopierschutzbeschränkungen im Netz verkaufen.
Quelle: Fz
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