Das österreichische D-Netz Als die damalige Post- und Telegraphenverwaltung (PTV)
den Startschuss zum D-Netz gab, läutete sie damit das Zeitalter des
Handys in Österreich ein. Das D-Netz sollte erstmals wirklich tragbare
Mobiltelefone bringen. Aber zurück zum Anfang. Geschichte des Mobilfunks in Österreich Wir schreiben das Jahr 1975. Damals errichtete die PTV
ein Personenrufsystem erstmals in Österreich. Die damalige Ausschreibung
gewann damals Motorola, die in Amerika Lieferant nahezu aller
verwendeten Funksystemen waren. ÖPR1 war geboren. Was zunächst nur ein
Feldversuch bei einer Olympiade war entwickelte sich zum
Standartausrüstung eines Journalisten oder Arztes. Bis 1988 wurden rund
54.000 Teilnehmer gezählt. Als Generalimporteur der Anlagen von Motorola
trat die wiener Center-Funk auf den Plan. D-Netz Technik Das D-Netz ist ein Derivat des AMPS (Advanced-Mobile-Phone-Standards).
Dieser ist heute in Nordamerika noch sehr weit verbreitet und existiert
in den unterschiedlichsten Varianten und Formen. Motorola adaptierte
AMPS für Europa und nannte es TACS (Total-Access-Communication-System).
Es stellt das Gegenstück zu dem Nordischen-Standard (NMT) von Nokia und
Ericsson dar, oder das daran in Deutschland angelehnte als C-Netz oder
C-Tel von T-Mobil bekannt ist. Diese Systeme sind sich sehr ähnlich
allerdings nicht miteinander kompatibel. Es stehen pro Frequenzblock 1000 Kanäle zu Verfügung. Da
es sich um beim D-Netz um ein zellulares Netzwerk handelt, wird jeder
Kanal ca. 2-4 mal im ganzen Bundesgebiet benutzt. Die einzelnen Sender
sind ca. 10 - 1,5km voneinander entfernt. Im städtischen Bereich ist der
Abstand der einzelnen Sender zueinander, aufgrund der hohen Auslastung
etwas geringer, als am Land. Ein Beispiel: In Wien-Floridsdorf steht ein
Sender am Dach des alten Wählamtes in der Weisselgasse. Der nächste
Sender steht in Wien-Donaustadt am Dach des Donauzentrums. Die beiden
Anlagen sind von einander ca. 2,5 km entfern. Wien liegt der Radius der
Zellen irgendwo zwischen 2-3 km. Mehr ist auch nicht nötig, da das
D-Netz ca. 200.000 Kunden hat, von denen die meisten am Land zu hause
sind. Dies ist aufgrund der hohen Zuverlässigkeit von D gegenüber GSM im
Gelände zurückzuführen. Obwohl D und GSM das selbe Frequenzspektrum
nutzten, ist auf grund der analogen Übertragung auch eine Verständigung
noch möglich wenn bei GSM nur noch im 2-Sekundentakt Wortfetzen
ankommen. Anders als bei GSM wird im städtischen Bereich eine Zelle in
sechs einzelne Sektoren unterteilt, bei GSM sind es ja nur drei. Diese
sind im 60° Winkel zueinander angeordnet. Deshalb sind im städtischen
Bereich auch immer sechs Antennen an einem Standort montiert, was
allerdings im Gegensatz zum ländlichen Bereich steht. Hier werden
teilweise nur Rundstrahler verwendet (Auch bei GSM). Aufbau des Netzes Der Aufbau des D-Netzes ähnelt am ersten Blick dem vom GSM. Allerdings gibt es einige grundlegende Unterschiede. Die BTS hängen an einem Controller und sind zu Clustern zusammengefasst. Diese Controller werden EMX (Electronic Mobile Exchange) genannt. Sie kontrollieren ca. 50-100 BTS. Jedes EMX ist mit jedem verbunden. Weiters ist jedes EMX an eine OES-Vermittlungsstelle angeschlossen, was die Verbindung zur drahtgebundenen Systemen sowie anderen Mobilfunksystemen. Hier liegt auch der Unterschied zu GSM. Während beim D-Netz die EMX miteinander verbunden sind und alle Abläufe im Netz steuern, ist wird bei GSM noch in BSC (Base Station Controller) und MSC (Multi Switching Center) getrennt, wobei das BSC die BTS steuert und das MSC die Abläufe im Netz steuert und die Verbindung zur Außenwelt herstellt. Die einzelnen EMX sind mit Datenleitungen zu
Signalisierung miteinander verbunden, die eine max. Übertragungsrate von
4800 bit/s haben. Dies darf aber nicht mit den Nutzkanälen verwechselt
werden, die getrennt übertragen werden. .) DCCH (Dedicated Control Channel) .) PCH (Paging Channel – Rufkanal) Soll ein D-Netz-Teilnehmer angerufen werden so muss am
Telefon die Nummer des Teilnehmers gewählt werden. In der Anfangsphase
des D-Netzes wurden nur 6-Stellige Rufnummern vergeben. Dies ist darauf
zurück zuführen, dass das D-Netz nur für eine maximale Kapazität von
150.000 Teilnehmern geplant war und niemand 1987 es für möglich hielt,
das in Österreich einmal mehrere hunderttausend D-Netz Teilnehmer geben
wird. Da diese Zahl um das Doppelte übertroffen wurde, mussten die
Rufnummern erweitert werden. Sie wurden 7-stellig. Da man die Kunden mit
nur 6-stelligen Nummern, aus verschiedenen Gründen, so z.B. hatte das
C-Netz die selbe Vorwahl wie das D-Netz und war somit im selben
Rufnummerplan gefangen, nicht so einfach umstellen konnte, wurde vor die
Nummer dieser Kunden einfach eine 9 gesetzt. Sprich aus 0663/ 012345
wurde 0663/ 9012345. Die galt natürlich auch für die C-Netz-Kunden. Die
Vorwahl 0663 ist eigentlich, wenn man nach dem Rufnummerplan der PTV
geht eine Salzburger Vorwahl. 0662 ist Salzburg-Stadt und die höchste im
Bundesland vergebene Vorwahl. Da andere Bundesländer zwar auch freie
Vorwahlen hatten, die allerdings teilweise 5-stellig waren und nur sehr
schlecht zu merken entschied man sich bei der Aktivierung des C-Netzes
für 0663. Beim B-Netz gab es keine allgemeine Vorwahl. Hier musste man
wissen in welcher Region sich der Teilnehmer befindet. War z.B. in Wien,
so musste man 0222 und dann die Einwahlnummer des B-Netzes in Wien
wählen. Danach die Teilnehmernummer. Da dies sowie die Verrechnung etwas
undurchschaubar waren ging man ebenfalls zu einer einheitlichen Vorwahl
über. Die Lokalisierung erfolgt durch das Netz und nicht durch den
A-Teilnehmer. Dieses System wurde dann später auch für Call:Me (ÖPR2)
mit 0669, für A1 (E-Netz) mit 0664 sowie für max.mobil. mit 0676, One
mit 0699 oder Telering mit 0650 aber auch 0660, für Nummern zum
Ortstarif, das wie Call:Me Geschichte wurde, gewählt. Diese leichte
Zuordnung von Rufnummer zu Netz ermöglicht den Kunden auch das Erkennen
zur Art und vor allem Höhe der Verrechnung, bei einem Anruf einer
solchen Nummer. Aber zurück zum D-Netz. Ähnlich wie bei Gesprächsannahme verhält es sich auch
beim Gesprächsaufbau. Vom Teilnehmer an der MS-Seite wir eine Nummer
eingeben. Auch hier wieder eine Spezialität: Beim D-Netz muss die erste
Null einer Nummer weggelassen werden. Also aus 0800/664 800 wird 800 664
800 oder aus 0049/172/1234567 wird 049/172/1234567. Dies ist darauf
zurück zuführen, dass man sich aus dem D-Netz auf jeden Fall „rauswählen“
muss. Dies steht zum krassen Gegensatz zu GSM. Hier können Gespräche
auch auf Netzebene von GSM zu GSM bleiben, obwohl natürlich auch eine 0
am Anfang steht. Ruft nun ein D-Netz Kunde einen D-Netz Kunden an so
muss er sich sowieso zunächst einmal „rauswählen“ und wird dann wieder
zum anderen Teilnehmer „hineingewählt“. Da die Null am Anfang also
unnötig ist und in Geräten der ersten Stunde nur wenig Speicher zu
Verfügung stand (wenn überhaupt), ließ man die Null weg. Dies war auch
schon beim C-Netz so. Ist das Gespräch nun zu Ende so drückt der Teilnehmer auf der MS auf auflegen oder legt bei älteren Geräten einfach auf. Nun wird am Sprachkanal, für den Teilnehmer nicht mehr hörbar ein ca. 2 Sekunden langer 8 kHz-Ton gesendet. Dies wird von der BTS empfangen und das Gespräch gilt als beendet. Die BTS leitet die entsprechenden Schritte für die Beendigung des Gespräches auch auf Seite des anderen Teilnehmers ein. Die MS fällt wieder in den IDLE-Mode. Das D-Netz-Handover Dieses steht im krassen Gegensatz zu einem GSM-Handover.
Wie bei GSM wir während des Gesprächs ständig der Pegel des zugewiesenen
Kanals gemessen. Das ist auch schon das einzige was gleich ist. Die MS
informiert die BTS, dafür wird das Gespräch für 400ms Sekunden
unterbrochen und am Sprachkanal digital die Aufforderung übertragen, und
diese in weiterer Folge bei Intercell-Handover den EMX, dass ein
Handover notwendig ist. Die BTS misst nun in den eigenen Sektoren die
Feldstärke des Signals der MS. Ist nun der Pegel in einer der Sektoren
besser als im andern so wird überprüft ob ein Kanal in diesem Sektor
frei ist. Ist dies der Fall, so kann die neue Kanalnummer in Form einer
kurzen Unterbrechung (400ms) im Gespräch an die MS weitergegeben werden,
die daraufhin umschaltet. Das Intracell-Handover ist durchgeführt Ist
kein Kanal mit einem höheren Pegel vorhanden, so wird das dem EMX von
der BTS gemeldet. Die EMX beauftragt nun die umliegenden Zellen und
Sektoren den Pegel des Signals der MS zu messen. Wird nun ein Sektor
oder eine Zelle gefunden, wo der Empfang besser ist. So wird mit der
selben Prozedur wie beim Intracell-Handover durchgeführt. Presseinformation der mobilkom austria vom 12.10.2001: Mobilkom Austria trennt sich mit 28. Februar 2002 auf
dem Weg in das nächste technologische Zeitalter von seinem analogen
Netz. Die seit 1990 bestehenden D-Netz Sende- standorte wird Mobilkom
Austria für den bereits laufenden UMTS-Ausbau nutzen: Ein Großteil der
Infrastruktur kann für das zukünftige UMTS-Netz verwendet werden. Chronik: Der grosse, letzte Tag, der 28. Februar 2002: 23h00: Alles wie gewohnt. 23h40: Abgemeldete D-Netz-Telefone können wieder aktive Gespräche führen 23h50: Netzseitiges Auflegen der Telefongespräche. 23h51: Einwahl wieder möglich. 00h01: Gespräch wird wieder vom Netz beendet. Danach noch Empfang. Bei erneutem Wahlversuch läutet es zwar beim Teilnehmer B, allerdings wird kein Sprachkanal mehr durchgeschalten --> Stille. (Wahrscheinlich Trennung des MSC vom EMX ???) 00h02: 0663 ist nicht mehr von anderen Netzen erreichbar. Entweder Stille oder Nettes D-Netz-Band von der mobilkom. 00h15: Meiner Basisstation dürfte der Saft abgedreht worden sein. Empfang weg. (Floridsdorf/VSt.) 00h16: Mobiltelefon hat wieder schwachen Empfang, wahrscheinlich läuft eine BS in der Nähe noch (vermutlich Donauzentrum???). Kein Telefonieren möglich. Nur Stille. 03h50: In meinem D-Netz-Handkoffer (Panasonic EB2601) macht das letzte mal das Relais der Sendestufe "Klick-Klack" (das ist noch Power!!!) und meldet sich beim Netz. 04h10: D-Netz-Basis kippt weg. Mobiltelefon bekommt "Panik", macht 5mal "Klick-Klack" dann beginnt es zu laut zu "Piepen". NetMonitor zeigt ab jetzt -125dBm. 2 Wochen später kann man beobachten wie die Mobilkom die ersten D-Netz-Antennen abbaut. Das Bild der "dicken Berta" ist Geschichte (40kg-Antenne von Kathrein). Die 6 Stück D-Netz-Antennen auf den Mobilkom-Masten verschwinden nach und nach aus dem Stadtbild: Am 19.07.2002 schreibt die RTR/TKC die ehemaligen D-Netz-Frequenzen neu aus. Die Mobilkom und T-Mobile A ersteigern diese am 14.10.2002 wie folgt: Die Mobilkom ersteigert die Kanäle 1-13 ( 13CH, 2x2,6MHz ) um 5,2 Mio Euro und T-Mobile A ersteigert die Kanäle 15-39 (25CH, 2x3,8MHz) um 9,6 Mio Euro. Beide Netzbetreiber setzen diese bereits wenige Wochen später großflächig für GSM in Österreich ein uns steigern so die Netzqualität wesentlich. Das österreichische D-Netz (ÖPL-D oder D)) oder Netz-D)
war massgeblich am österreichischen "Handyboom" beteiligt und machte das
Mobiltelefon salonfähig. Während die ersten Geräten noch Leuten
vorbehalten waren, die viel Geld hatten (25.000 ATS und mehr) und die
gerne was handfestes hatten (5kg und mehr) kamen zuletzt durchaus Geräte
auf den Markt, die mit GSM-Geräten mithalten konnten. Das letzte
Top-Gerät war das Nokia Ringo3 (das Einhorn) das auf der Basis des Nokia
5110/5130 (DCH-3) aufsetzte und diesem um nicht viel nachstand. Die
Pläne zur Einführung von Services wie SMS lagen in den Schubladen der
Equipmentlieferanten und Mobiltelefonhersteller und wären technisch
leicht umzusetzen gewesen. Zurück beleiben uns die Erinnerung an die
Zeit Empfanges an jedem Ort (in entlegenen Gebirgstälern und im 3.
Untergeschoss), teilweise weit über die Grenzen Österreichs
(Vorzugsfrequenzen), ohne Roaming, die Erinnerung an das typische
"Analog-Rauschen", die kurzen Aussetzer im Gespräch für die
Signalisierung. Manche von uns fanden mit dem D-Netz den Einstieg ins
Handyzeitalter und haben vielleicht so einen Mobilfunk-Opa noch wo zu
Hause liegen. Fix ist, dass in der Nacht vom 28. auf den 29. Februar
2002 ein Stück Mobilfunkgeschichte zu Ende ging. |
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