EU-weite Vernetzung von Polizeidaten

12. Juni 2007, 19:39 |  0 Kommentare

Die EU-Innenminister haben einer weiteren Vernetzung der Polizeidatenbanken zugestimmt und damit die Beschlüsse von Prüm in EU-Recht überführt. Menschen, die einen Visumsantrag für die EU stellen, müssen sich biometrisch erfassen lassen.

Die EU-Innenminister stimmten am Dienstag in Luxemburg dafür, den Behörden einen automatisierten Zugriff auf Gendaten, Fingerabdrücke und Kfz-Register anderer EU-Staaten zu ermöglichen.

Triumph für Schäuble
Der deutsche Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble [CDU] erhofft sich dadurch eine verbesserte Fahndung nach Verbrechern, die im europäischen Ausland Unterschlupf suchen. Mit dem Beschluss erreicht Schäuble eines der wichtigsten politischen Ziele der deutschen EU-Ratspräsidentschaft.

Zwischen Deutschland und sechs weiteren EU-Staaten, darunter Österreich, den Benelux-Staaten, Frankreich und Spanien, existiert eine solche Vereinbarung bereits seit Mai 2005. Mit dem Beschluss der EU-Innenminister wird der nach dem deutschen Prüm benannte Vertrag in EU-Recht überführt.

Datenbankfahndung
Nach Angaben des deutschen Innenministeriums ergaben erste Datenabgleiche zwischen Deutschland, Österreich, Spanien und Luxemburg mehr als 3.500 Treffer. Damit hätten "in zahlreichen Totschlags- bzw. Morddelikten" erfolgreich Ermittlungen aufgenommen und Täter verhaftet werden können.

Der Vertrag ermöglicht auch gemeinsame Polizeieinsätze von EU-Staaten bei Großereignissen wie Fußball-Europameisterschaften und Gipfeltreffen.

Biometrische Daten fürs Visum
Darüber hinaus billigten die Innenminister eine zentrale Erfassung der biometrischen Daten aller Visumsantragsteller aus Drittstaaten im europäischen Schengen-Raum, wo es keine Grenzkontrollen gibt.

Das Visum-Informationssystem [VIS] soll zum ersten Halbjahr 2009 kommen. Auch Europol und andere staatliche Stellen sollen Zugang zu diesem System erhalten. Bis zu 70 Millionen Menschen sollen laut Auskunft der EU-Kommission in diesem System erfasst werden. "Das VIS wird weltweit das größte System zur Erfassung aller zehn Fingerabdrücke sein", schreibt die Kommission.

Frattini: "Ein praktisches Instrument"
Franco Frattini, EU-Kommssar für innere und Justizangelegenheiten, begrüßte in einer Stellungnahme vom Dienstag die Entscheidung der Innenminister.

"Einerseits bedeutet das Visa-Informationssystem ein neues praktisches Instrument für Konsulate und Grenzkontrollstellen, die die wichtigsten täglichen Nutzer sein werden, sowie für die Polizei- und Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten für ihre Anstrengungen zur Verhütung, Aufdeckung und Untersuchung terroristischer und anderer schwerwiegender Straftaten. Andererseits wird das VIS Bona-fide-Reisenden insbesondere mit Blick auf die Ausstellung von Mehrfachvisa zugute kommen", heißt es in Frattinis Mitteilung an die Presse.

Für ihn sei es wichtig gewesen, "dass die operativen Anforderungen mit einem soliden Schutz der über das VIS ausgetauschten personenbezogenen Daten einhergehen."

Platter begeistert, Blocher reserviert
Der österreichische Innenminister Günter Platter, ein Befürworter des Datenaustauschs, hatte beim EU-Rat erklärt, er würde vorschlagen, dass das "tolle Modell" auch auf Island, Norwegen und die Schweiz ausgedehnt werden könnte.

Der Schweizer Innen- und Justizminister Christoph Blocher, der am Ministertreffen in Luxemburg teilnahm, lehnte das ab. Vorstellbar sei aber eine "Untervariante" des Polizeidaten-Austausches mit Österreich und Deutschland, wobei er aber keine Details nannte. "Bei Prüm machen wir nicht mit, das ist nicht vereinbar mit unserer Rechtsordnung", sagte Blocher.

Schweiz könnte Schengen-Mitglied werden
Jedenfalls kann sich Blocher vorstellen, dass die Schweiz 2009 ein Vollmitglied bei Schengen werden könnte. "Die volle Grenzöffnung passiert erst dann". Dabei würde man sich auch an den finanziellen Kosten der Sicherung der Außengrenzen der EU beteiligen: "Wenn alle Staaten hier mitmachen, kann nicht die Schweiz als einziges Land sagen, wir machen nicht mit. Dann wären wir besser draußen geblieben".

Angesprochen auf die ablehnende Haltung des Schweizer Innenministers Christoph Blocher zu Prüm sagte Platter Dienstag mittag am Rande des EU-Rats, er biete Blocher einen "Workshop im Juli in Wien" an, wo er versuchen werde, den "Mehrwert" dieser Maßnahme zum Ausdruck zu bringen.

via Fz





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