Kefir am 14. August 2011 um 19:57 |  3 Kommentare | Lesezeit: 9 Minuten, 26 Sekunden

Coole Kamera-Hacks - Tuning für die Digicam



Es kostet nichts und der Aufwand hält sich in Grenzen: Mit Firmware-Hacks oder gleich einer kompletten Alternativsoftware kann man versteckte Funktionen von Digitalkameras freischalten - oder ganz neue hinzufügen. Wir zeigen die coolsten Hacks.

Die Funktionalität einer Kamera wird durch zwei Aspekte beschränkt: die Hardware und die Software. Allerdings müssen die beiden nicht übereinstimmen; die Hardware kann oft mehr, als der Hersteller ihr zugesteht - eine Beschränkung, realisiert über die vorinstallierte Software. Dies kann absichtlich geschehen, etwa wenn Hersteller verschiedene Modelle mit ähnlicher Hardware und der gleichen Firmware-Grundlage vertreiben und das günstigere Modell künstlich drosseln.

Ein Beispiel dafür ist etwa die Canon 300D, die 2004 mit einem kaum schlagbaren Preis die Digicam-Welt aufrüttelte, hochtrabend als "Digital Rebel" vermarktet. Mit wenigen Kniffen ist es einem Hacker gelungen, Funktionen freizuschalten, die ansonsten nur der wesentlich teureren D10 vergönnt sind. Mehr dazu später. Ein anderer Grund für absichtlich eingebaute Grenzen ist die Stabilität, denn wenn die Firmware die Hardware bis zum Letzten ausreizt, leiden unter Umständen sogar mechanische Teile, auch Systemabstürze könnten durchaus vorkommen.

Eine Beschränkung durch Software kann aber auch unabsichtlich sein, etwa wenn ein Hersteller ein Feature schlicht vergessen hat, das sich die Nutzer jedoch wünschen. Oder wenn Kameras komplett anders genutzt werden sollen: Mit der Stereo-Data-Maker-Software beispielsweise können Sie zwei Canon-Kameras parallel betreiben, um Bilder für stereografisches 3-D zu erstellen. Dass Canon keine entsprechenden Features eingebaut hat, kann man dem Hersteller wohl kaum anlasten.

Aber das Schöne an Software ist: Irgendwo auf der Welt findet sich für jedes Quentchen interessanten Codes ein Hacker, der anfängt, damit herumzuspielen. Das bringt uns auch zum Anfang von Firmware-Hacks und -Alternativen: Per Reverse Engineering wird in der Regel der Code der Firmware aufgedeckt, Änderungen werden eingespielt, das Ergebnis wieder in das originale Firmware-Format gebracht, und schon kann diese auf der Kamera genutzt werden. Das Resultat ist leistungsfähig, aber nicht immer unproblematisch, und Hersteller sehen es ungern.

Potenzial und Gefahr
Die nachfolgend vorgestellten Hacks und Tools gehen grundsätzlich auf zwei verschiedene Arten vor: Die alternative Canon-Software residiert ganz harmlos auf der SD-Karte und wird beim Start der Kamera geladen, die Original-Firmware bleibt unangetastet - funktioniert etwas nicht, oder wollen Sie einfach wieder die Originalsoftware nutzen, reicht das Entfernen der Karte. Ähnliches gilt für die Version Green Lantern. Andere gehackte Firmware-Versionen wie UnDutchables für die 300D ersetzen die Originale, sodass zumindest ein theoretisches Risiko besteht, dass gar nichts mehr läuft und Sie manuell die ursprünglichen Versionen einrichten müssen.

Ein Risiko ist beiden Arten gemein: das theoretische Risiko, dass die Hardware Schaden nimmt. Auch wenn dies bei den vorgestellten Hacks, die seit langem etabliert sind, nicht bekannt ist, bedeutet das natürlich, dass die Herstellergarantie erlischt. Zwar ist in vielen Fällen für den Reparaturservice nicht erkennbar, dass alternative Firmware aufgespielt wurde (sofern sie deinstalliert wurde, versteht sich), doch selbst wenn, scheinen die Hersteller laut Nutzerberichten Garantiefälle anzunehmen.

Nachdem wir nun hoffentlich ein wenig Respekt vor Firmware-Updates gestreut haben, möchten wir aber auch klarmachen, warum sich das Ganze lohnt. Ein populäres Beispiel ist die HDR-Thematik. Für die spektakulären High-Dynamic-Range-Bilder benötigen Sie Belichtungsreihen, aber nicht alle Kameras beherrschen Auto Bracketing, können also nicht automatisch drei (oder mehr) Bilder herstellen, die unter-, über- und normal belichtet sind. Mit dem CHDK (Canon Hackers Development Kit) spendieren Sie Canon-Knipsen dieses enorm wichtige Feature. Auch ein D40-Benutzer ist dieses Problem angegangen und hat es mit einer PC-Steuerung gelöst, die zwar einen Laptop oder Ähnliches benötigt, für HDR-Profis aber extrem interessant ist.

Aber auch direkte Einflussnahme auf Hardware ist möglich, beispielsweise das Realisieren kürzerer Verschlusszeiten oder höherer Datenraten bei Videoaufnahmen. Ein Blick auf die verfügbaren Lösungen lohnt sich jedenfalls für jeden ambitionierten Hobbyfotografen, oft ist es ein einzelnes Feature, das ganz neue Möglichkeiten eröffnet. Übrigens: Glauben Sie bitte nicht, wir seien ein reiner Canon-Fanclub, aber bezüglich alternativer Firmware gibt es nicht allzu viel anderes. Wirklich erwähnenswert ist eigentlich nur der Ansatz für die Panasonic GH1. Die meisten anderen Geschichten, die sich zum Teil schon seit Jahren im Netz verbreiten, thematisieren eher Wünsche, Gerüchte, Möchtegernprojekte und Ähnliches, bringen aber keinen Mehrwert.

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CHDK (Canon-Kompakt-Geräte)

Das Canon Hackers Development Kit (CHDK) ist sicherlich das Paradestück alternativer Open-Source-Firmware, und das nicht nur im Fotobereich. Wie bereits erwähnt, wird das CHDK auf einer SD-Karte installiert, ist also harmlos. Das CHDK ist für eine ganze Reihe Canon-Kameras verfügbar, allerdings nur für die "Knipsen", nicht für DSLRs (siehe Webcode* PCPM88W). Wie das CHDK aussieht und wie Sie es installieren, lesen Sie unten im Workshop.

Ein Feature, das wohl jeder User gebrauchen kann, ist der RAW-Support, dank dem Sie statt komprimierter JPEGs auch unkomprimierte Dateien sichern dürfen - für die Weiterverarbeitung ein echter Vorteil. Auch die Möglichkeit, Blende, Belichtung, ISO-Level und Fokus komplett manuell zu kontrollieren, wird jeden begeistern, der mit Point and Click nicht zufrieden ist. Filmenthusiasten dürfen sich über höhere Bitraten und Videoclips bis zu einer Stunde Länge beziehungsweise bis zur Speicherbegrenzung von zwei Gigabyte freuen. Und wenn Sie es gerne spektakulär hätten: Mit der eingebauten Bewegungserkennung erkennt Ihre Digitalkamera nicht nur Menschen oder Tiere, die sich in Ihr Blickfeld begeben, sie ist sogar in der Lage, Blitze zu erkennen - eine gute Grundlage für spektakuläre Wetterbilder!

Weitere Features finden Sie auf der Homepage der Entwickler - erkunden Sie sie aber besser selbst. Ganz wichtig: CHDK kann Skripte ausführen! Unter dem Webcode* PCPXZC7 finden Sie viele fertige Tools - etwa um Aufnahmen in festgesetzten Intervallen auszulösen und so zum Beispiel beeindruckende Zeitraffereffekte zu erzeugen.

*Webcode eingeben auf www.fotopraxis-online.de.

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SDM

SDM steht für Stereo Data Maker (Webcode*: PCPUK5A) und ist eine Abwandlung vom CHDK. SDM unterstützt zwei bis heute eher exotische Bereiche: zum einen Stereofotografie und zum anderen Kite Aerial Photography (KAP). Für "echte" 3-D-Bilder benötigen Sie zwei Aufnahmen derselben Szene mit leicht versetztem Aufnahmepunkt - in der Regel werden also zwei an einer Vorrichtung montierte Kameras genutzt, deren Linsen rund 7 cm auseinanderliegen. SDM sorgt für die Synchronisation, gemeinsame Blitznutzung und so weiter.

Die Dokumentation ist lang und nicht immer trivial, aber wer sich für stereografisches 3-D interessiert, wird die Vorteile zu schätzen wissen. Bei KAP geht es um Luftbilder mit an Lenkdrachen oder Dronen befestigten Kameras. Hier spendiert das SDM zum Beispiel die Möglichkeit, mittels der Bewegungserkennung automatisch Bilder/Filme zu erstellen, sobald Stillstand erreicht ist oder sich umgekehrt etwas bewegt. Kurz: SDM ist ein sehr mächtiges Werkzeug für Stereo- und KAP-Freaks, die ein bisschen Lektüre und Frickelei nicht scheuen.

*Webcode eingeben auf www.fotopraxis-online.de.

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Magic Lantern (EOS 5D Mark II)

Die Canon EOS 5D Mark II wird nicht nur von Fotografen, sondern auch von Filmemachern geschätzt, die wissen, was sie an einer Vollformatkamera mit Wechselobjektiven und HD-Video-Unterstützung haben. Magic Lantern ist zum einen ein Framework, um eigene Skripte zu schreiben/implementieren, und zum anderen eine Firmware, die bereits einige Verbesserungen aufweisen kann.

Dazu zählt beispielsweise eine Anzeige für Audiopegel, die automatische Pegelanpassung ist deaktivierbar, es gibt eine Zebra-Anzeige, Formatmarkierungen für 4:3, 16:9 und so weiter helfen beim richtigen Bild und auch die HDMI-Ausgabe wird Freunde finden. Unter Webcode* PCPWSL1 finden Sie eine To-do-Liste mit künftigen Features, etwa eine 720p-Option.

*Webcode eingeben auf www.fotopraxis-online.de.

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UnDutchables (Canon 300D)

Der bereits erwähnte Firmware-Hack für Canons 300D stammte von einem Programmierer namens Wasia, der mit einer kleinen Veränderung einige 10D-Features freischalten konnte. Darauf aufbauend gibt es mittlerweile die Ersatz-Firmware UnDutchables, zu finden beispielsweise unter Webcode* PCP9ZWN.

Zu den Highlights der vielen Neuerungen zählt die Möglichkeit, die Vorschau-JPEGs, die im RAW-Betrieb erzeugt werden, zu verkleinern, was deutlich mehr Platz für die eigentlichen RAWs lässt. Auch das Umstellen von RAW auf JPEG geht jetzt ohne Umweg über das Menü via Set-Taste und Einstellrad, die ISO-Empfindlichkeit liegt bei maximal 3200. Wer es professionell angehen mag, darf auch beim Digital-Rebell die Spiegelvorauslösung aktivieren, um durch dessen Schlag verursachte Unschärfen zu vermeiden.

*Webcode eingeben auf www.fotopraxis-online.de.

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Panasonic GH1

Verlassen wir nun Canon und kommen wir zur Panasonic-GH1-Alternativ-Firmware, deren Projektseite Sie unter Webcode* PCPTNFU finden. Ähnlich wie Magic Lantern zielt auch die mit dem Werkzeug Ptool modifizierte GH1-Firmware auf verbesserte Videoeinstellungen ab. Im Gegensatz zu den bisherigen Ansätzen modifizieren Sie hier allerdings zunächst die Original-Firmware selbst und spielen diese dann auf die Kamera.

Dafür laden Sie einfach die Firmware in das Programm PTool (Download über Webcode* PCPTNFU), setzen Häkchen bei den gewünschten Einstellungen und spielen die modifizierte Firmware auf die Kamera. Zumindest einen Hack werden Sie garantiert nicht missen wollen: Sie dürfen wieder Dritthersteller-Akkus verwenden!

Eine verwandte Projektseite ist www.pentax-hack.info, auf der Sie bisher zwar keinerlei Firmware finden, wohl aber einen Hack zum Aktivieren eines Debug-Modus, indem Sie eine Datei namens "Modset.xxx" auf der Karte anlegen und Befehle eintragen - so können Sie zum Beispiel den Autofokus manuell einstellen, um Hintergrund-/Vordergrundfokussierungen zu vermeiden.

*Webcode eingeben auf www.fotopraxis-online.de.

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Nikon

Für Nikon gibt es bisher leider kein Äquivalent zu Magic Lantern, UnDutchables oder CHDK, lediglich eine Projektseite für die D70 (Webcode*: PCPVVH3), die gut als Beispiel für viele leider verebbte Firmware-Projekte dient. Bei Nikon gibt es zumindest für D40/D60-Nutzer einen Trostpreis: Mit der PC-Software Cam Control (Webcode*: PCP84RD) können Sie via PC auf Ihre Kamera zugreifen und umfangreiches Auto Bracketing durchführen: maximal 31 Aufnahmen mit unterschiedlichen Belichtungen.

Als Fazit unserer Recherchen nach Firmware-Hacks bleibt festzuhalten, dass es sehr wenige weit entwickelte Projekte gibt. Für Otto Normalfotografierer ist im Wesentlichen das CHDK interessant. Mit der UnDutchables-Firmware können Sie Ihrer alten Digital Rebel nochmal eine neue Daseinsberechtigung schenken.

Zum Schluss noch ein "Hack für Arme", der zeigt, dass sich die Suche für einzelne Kameramodelle durchaus lohnen kann: Der veralteten Kodak C613 können Sie einen RAW-Modus spendieren, indem Sie im Setup-Menü "about" aufrufen und die Knöpfe "delete" und "rechts" gleichzeitig drücken - voilà, ein verstecktes Menü.

*Webcode eingeben auf www.fotopraxis-online.de.
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Gefunden in: Foto Praxis, Heft 3/2011 ( Inhalt / Heft bestellen / "Foto Praxis" Online)

Quelle: spiegel.de


Tags:#Kamera #Hacks #Digicam #Tricks #Firmware #Modding




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