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Christian Drosten hat keinen Doktortitel und hält PCR Tests für nicht verlässlich?

17. Nov. 2020, 15:14

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Bild: Charité - Universitätsmedizin Berlin

Auf Facebook kursieren mehrere Behauptungen zur Dissertation des Virologen Christian Drosten.

Und wieder kursieren auf Facebook (wo auch sonst) neue Behauptungen im Zusammenhang mit Covid. Diesmal wird gegen Professor Dr. Christian Drosten geschossen, welcher Maßgeblich an der Entwicklung der PCR (Polymerase Chain Reaction) Tests, um eine Covid Infektion nachzuweisen, beteiligt war.

Zuerst geht es um eine Aussage, welche Er im Jahr 2014 getroffen hat ..

Ja, aber die Methode ist so empfindlich, dass sie ein einzelnes Erbmolekül dieses Virus nachweisen kann. Wenn ein solcher Erreger zum Beispiel bei einer Krankenschwester mal eben einen Tag lang über die Nasenschleimhaut huscht, ohne dass sie erkrankt oder sonst irgend etwas davon bemerkt, dann ist sie plötzlich ein Mers-Fall. Wo zuvor Todkranke gemeldet wurden, sind nun plötzlich milde Fälle und Menschen, die eigentlich kerngesund sind, in der Meldestatistik enthalten. Auch so ließe sich die Explosion der Fallzahlen in Saudi-Arabien erklären. Dazu kommt, dass die Medien vor Ort die Sache unglaublich hoch gekocht haben.


Und ja, es klingt in der Tat danach, als ob der PCR-Test auch in Fällen anschlägt, in dem der Proband nicht wirklich infiziert ist. Somit wären ausgerechnet hohe Empfindlichkeit und Spezifizität problematisch - die ihrerseits von Kritikern bezweifelt werden.

Drosten hat aber auch selbst auf dieses Problem aufmerksam gemacht - und empfiehlt, einen Referenzwert für eine Infektion festzusetzen:

Ich finde es jetzt nicht falsch, wenn gerade auch in USA gesagt wird, lass uns einfach mal einen cT-Wert festlegen, ich würde da auch mitgehen.


Man muss einfach verstehen wie ein PCR Test funktioniert und kann somit auch selbst drauf bekommen warum es so ist.

Für den Test werden in der Probe enthaltene Erbgutspuren in mehreren Zyklen immer wieder verdoppelt. Ist eine einzelne Spur vorhanden, so sind es nach dem zweiten Zyklus bereits zwei, nach drei Zyklen vier, nach zehn 1024 und nach 20 Zyklen 1.048.576 und so weiter.So kann es passieren, dass der PCR-Test auf einzelne Virenbruchstücke anschlägt, obwohl in der Probe keine aktiven Viren mehr vorhanden sind.

Dieses Phänomen ist den Wissenschaftlern auch sehr gut bekannt: Sie setzen daher einen Schwellenwert (cycle Threshold, cT), wie viele Zyklen notwendig sind, bis eine wirklich relevante Anzahl von Virusspuren festgestellt werden kann. Je mehr Zyklen benötigt werden, umso geringer war die Konzentration in der Ursprungsprobe - und damit auch die Wahrscheinlichkeit einer Infektion.

Auch das Robert Koch-Institut empfiehlt in seinen Hinweisen zu den SARS-CoV-2-Tests, weitere Faktoren wie das Probevolumen hinzuzuziehen und im Zweifelsfall weitere Testverfahren wie das Anlegen von Zellkulturen anzuwenden, um die tatsächliche Infektiösität zu ermitteln.

Und jetzt zum Doktor Titel ..

So wird in zahlreichen Facebook-Posts behauptet seine Dissertation sei etwa "17 Jahre lang nicht auffindbar" gewesen. Suggeriert wird außerdem, die Arbeit sei nicht ordnungsgemäß veröffentlicht worden.

Es wird also infrage gestellt, ob das Promotionsverfahren von Christian Drosten, Leiter der Virologie in der Berliner Charité, ordnungsgemäß abgelaufen sei.

Der Blog New Swiss Journal behauptet sogar:

Bis zum Sommer 2020 war Drostens wissenschaftliche Arbeit in keiner einzigen deutschen Universitätsbibliothek katalogisiert und es gab kein einziges Exemplar dieser Dissertation!


Drosten ist also gar kein Dr. med.?

Die Frankfurter Goethe-Universität, wo Drosten promovierte, widerspricht dem vehement. Die Bundesärztekammer hat auch seinen Lebenslauf (PDF) veröffentlicht.

Im Blog wird wild spekuliert und Beiträgen werden teils stark vermischt, aber man kann es auf ein paar Punkte zusammenfassen:

  • Es habe bis 2020 kein Exemplar der Dissertation gegeben (aus New Swiss Journal). In anderen Beiträgen (Unser Mitteleuropa, Corona Transition) wird das zwar nicht so konkret formuliert, aber durchaus suggeriert: demnach sei die Dissertation erst in diesem Jahr in die Frankfurter Universitätsbibliothek und die Deutsche Nationalbibliothek (DNB) aufgenommen worden - das sei "unüblich" oder "suspekt", sprich: der angebliche Beweis dafür, dass mit der Dissertation etwas nicht stimmt.

  • Es seien "Teile der Arbeit bereits vor ihrer Fertigstellung in drei Fachjournals publiziert worden" (Corona Transition). Das sei laut des Blogs "unüblich". Konstruiert wird ein Widerspruch der vermeintlich unterschiedlichen Publikationsdaten; dazu kursieren mit 2001 und 2003 zwei unterschiedliche Daten.

  • Die Dissertation basiere auf "drei zuvor publizierten, von mehreren Co-Autoren unterzeichneten Publikationen" (Corona Transition). So käme sie "nach den üblichen Standards weder als kumulative, noch als normale Dissertation infrage". Die "Eigenständigkeit" wird angezweifelt, sprich: die Ordnungsmäßigkeit der Dissertation.


Die Goethe-Universität zu diesen Behauptungen bereits am 15. Oktober eine Stellungnahme veröffentlicht. Die Universität schreibt einleitend:

Es bestehen - auch nach mehrfacher Überprüfung - keine Zweifel daran, dass das Promotionsverfahren des Herrn Prof. Dr. Drosten ordnungsgemäß durchgeführt wurde.


Laut der Universität lagere das Original der Dissertation zusammen mit einer Promotionsakte im Archiv der Universität. Die Arbeit sei "zweifelsfrei vor der Verleihung des Doktorgrades eingereicht" worden. Die Einreichung war laut der Universität als Verfahrensbestandteil erforderlich, "um überhaupt die Promotionsurkunde ausgehändigt zu bekommen". Im Archiv befände sich außerdem eine "allgemein zugängliche Originalkopie" der Dissertation.

Des weiteren teile die Universität mit, dass es Wahr ist und die Dissertation erst 2020 in der Universitätsbibliothek und der DNB aufgenommen wurden. Dies aus einem simplen Grund: Es sei 2020 vermehrt zu Anfragen bezüglich Drosten und seiner Dissertation gekommen - wahrscheinlich durch die nicht Tot zukriegende Lüge auf Facebook und Co. Deshalb seien erst daraufhin zusätzliche Originalexemplare in den beiden Bibliotheken zur Verfügung gestellt worden.

Auf Behauptungen, das sei "unüblich" oder entspreche nicht den Standards, schrieb die Universität:

Nach der damals geltenden Promotionsordnung war keine Abgabe von Pflichtexemplaren an die Universitätsbibliothek sowie die DNB erforderlich. Für die Erfüllung der geltenden Regularien der Promotionsordnung war die Abgabe von Pflichtexemplaren im Dekanat des Fachbereichs Medizin ausreichend. Der fristgerechten Abgabe von Pflichtexemplaren ist Herr Drosten nachweislich nachgekommen. Auch seitens des Fachbereichs bestand zu keinem Zeitpunkt eine Verpflichtung zur Abgabe von Exemplaren an die Universitätsbibliothek und DNB.


Kurz gesagt, es gab demnach schlicht keinen Grund, Exemplare von Drostens Dissertation in den Bibliotheken anzubieten - bis eben die Nachfrage 2020 anstieg.

Zu der Behauptungen, wonach die Publikationsdaten widersprüchlich seien (weil auf der Webseite der Universitätsausleihe einmal 2001 und einmal 2003 angegeben wird) oder die Eigenständigkeit von Drostens Arbeit an der Dissertation infrage gestellt wird, schreibt die Universität:

Der konstruierte Widerspruch der vermeintlich unterschiedlichen Publikationsdaten 2001 und 2003 ist ebenso haltlos. Die Dissertation, die Ende 2001 als Monografie [Anm. d. Red.: wissenschaftliche Abhandlung] fertiggestellt wurde und am 6. Februar 2002 mit dem Gesuch zur Zulassung zur Doktorprüfung als Monografie im Dekanat eingereicht wurde, datiert auf das Jahr 2001.


Kurz gesagt, im Jahr 2003 hat der Fachbereichsrat Medizin in seiner turnusmäßigen Sitzung Herrn Drosten die Bewertung seiner Promotion mit ausgezeichnet (summa cum laude) zuerkannt und Herrn Drosten wurde die Verleihungsurkunde ausgestellt. Die lange Verfahrensdauer (von Einreichung der Dissertation 2002 bis zur Zulassung 2003) resultiere aus der korrekten Durchführung des Verfahrens. So hätten die verschiedenen Gutachten, die für ein "summa cum laude" notwendig sind, jeweils mehrere Monate in Anspruch genommen.

Zur Frage Autorenschaft schreibt die Universität:

Die Arbeit basiert auf drei zuvor (2000 sowie 2001) in Fachmagazinen veröffentlichten Zeitschriftenartikeln, in denen Herr Drosten zweimal Erstautor ist und einmal in mittlerer Position.


Dass im Zusammenhang mit einer Promotion zuvor oder parallel wissenschaftliche, forschungsbezogene Artikel publiziert werden, ist in der Wissenschaft durchaus üblich (PDF) und deswegen nicht Auffällig.

Dieser Kontext, nachdem Drosten selbst bei den Fachartikeln jeweils Mitautor ist, wird etwa im Blog-Artikel von Corona Transition weggelassen. Dort steht lediglich, die Dissertation basiere auf "drei zuvor publizierten, von mehreren Co-Autoren unterzeichneten Publikationen".

Also kann man als Fazit sagen ..

Behauptungen, nach denen Drostens Dissertation bis 2020 nicht existiert habe oder es "ungewöhnlich" sei, dass sie erst in diesem Jahr in der Deutschen Nationalbibliothek aufgenommen wurde, sind komplett haltlos.



Alle Infos stammen aus Freizugänglichen Quellen und können von jedem Nachvollzogen werden, teilweise sogar durch die Verlinkung im Artikel selbst ..


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