Woher die C64-Raubkopien wirklich kamen

07. Sep. 2011, 00:03 |  0 Kommentare

Schwarze Disketten, selbstgelocht und vollgestopft mit raubkopierten Spielen: für Millionen Jugendliche in den Achtzigern Schulhof-Tauschware Nummer eins. Aber wo kamen all die geknackten Spiele eigentlich her? Christian Stöcker erklärt es - in seinem Buch "Nerd Attack". Ein Auszug.

Ich bekam meinen Commodore 64, kurz C64, zu meinem elften Geburtstag, am 1. Februar 1984. Er erhielt einen Ehrenplatz in der Ecke zwischen einem von oben bis unten mit Werbeaufklebern verzierten Buchenkleiderschrank und der Gasheizung auf unserem alten Kinderzimmertisch mit seiner zerkratzten und bemalten Kiefernholzplatte. Meine Computerecke sah aus wie eine knallbunte Kinderzimmerversion eines jener Cubicles, in denen moderne Großraumbüroarbeiter ihre Arbeitstage verbringen. Über dem Fernseher hing ein selbst gemaltes Bild vom Räuber Hotzenplotz mit sieben Messern und einer Pistole im Gürtel.

Rein rechnerisch stand im Jahr 1994, dem letzten, in dem der C64 noch hergestellt wurde, in mehr als jedem zehnten deutschen Haushalt einer, er verkaufte sich allein in Deutschland etwa drei Millionen Mal. Bis heute ist der Rechner der meistverkaufte Computer der Geschichte. De facto dürfte die Dichte in Westdeutschland ungleich höher, in den damals tatsächlich noch neuen Bundesländern im Osten dafür ungleich niedriger gewesen sein - obwohl Ramschverkäufe bei Aldi und anderen Discountern Anfang der Neunziger sicherstellten, dass auch die Kinder der ehemaligen DDR noch einen C64 bekommen konnten, wenn sie wollten. Karstadt verkaufte eine "Terminator 2 Edition", samt Joystick, Laufwerk, Spiel zum Film und Bild von Arnold Schwarzenegger auf dem Karton für 600 D-Mark. Und die "Action Box" von Quelle warb mehr oder minder explizit mit den Möglichkeiten, sich durch Raubkopien schnell eine Spielesammlung zuzulegen. Neben dem Laufwerk und ein paar Spielen lagen ihr zehn Leerdisketten bei - und ein abschließbarer Diskettenkasten mit Platz für hundert Stück.

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