Vorratsdatenspeicherung verschoben
"Wir müssen es darauf ankommen lassen, dass die EU Österreich wegen Vertragsverletzung verwarnt", heißt aus dem Büro von Verkehrsminister Werner Faymann [SPÖ]. Bei 90 Stellungnahmen mit teils schweren Bedenken sei eine Behandlung der Vorratsdatenspeicherung im Parlament vor der Sommerpause nicht möglich.Es werde schwer bis unmöglich werden, das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung noch vor der Sommerpause umzusetzen, heißt es in einer Stellungnahme aus dem Büro Faymanns auf eine Anfrage.
Immerhin seien insgesamt 90 Stellungnahmen eingegangen, darunter solche mit schweren Bedenken gegen die Gesetzesänderung, ließ der Minister ausrichten.
Um welche Daten es geht
Bekanntlich verpflichtet die EU-Richtlinie [Data Retention] alle Mitgliedsstaaten, Verkehrsdaten aus Telefonienetzen und dem Internet mindestens ein halbes Jahr lang zu speichern.
Und zwar: Wer mit wem wann wo telefoniert, SMS oder E-Mails ausgetauscht hat, dazu müssen die temporär vergebenen dynamischen IP-Adressen ebenfalls gespeichert werden. Die Richtlinie ist dezidiert zur Bekämpfung schwerer Verbrechen, vor allem des Terrorismus, durch die EU-Gremien gegangen.
EU-Frist "geht sich nicht aus"
Mit der Nichtverabschiedung vor dem Sommer aber werde sich die von der EU gesetzte Frist 15. September ebenfalls nicht ausgehen. "Wir müssen es darauf ankommen lassen, dass die EU Österreich wegen Vertragsverletzung verwarnt", heißt es in der Stellungnahme des Verkehrsministeriums.
Österreich sei dabei in großer Gesellschaft, denn "auf Europa-Ebene gibt es sehr viele Staaten, die einen ähnlichen Status wie Österreich haben, was den Umsetzungstermin betrifft". Außerdem seien zwei Verfahren gegen die Richtlinie beim EU-Gerichtshof anhängig, deren Ausgang ungewiss sei.
"Keine Musterknaben"
Auf keinen Fall habe man vor, bei der Speicherung der Internet-Daten "den Musterknaben zu spielen", dieser Teil der Richtlinie werde zum Ende der ausgehandelten Übergangsfrist umgesetzt.
Während die Speicherpflicht für Verkehrsdaten aus Telefonienetzen mit 15. September 2007 in nationales Recht umgesetzt werden müssen, haben Österreich und eine ganze Reihe von anderen Staaten längere Übergangsfristen für Internet-Daten ausgehandelt. Hier zu Lande läuft die Frist bis Frühjahr 2008.
Anwälte, Ärzte, Journalisten
Des weiteren verhandle man mit dem Büro von Justizministerin Maria Berger [SPÖ], denn die "einzige saubere Lösung" sei es, wenn die Strafprozessordnung das Fundament des Zugriffs auf die Vorratsdaten bilde.
Das heißt: Ab welchem Strafausmaß auf die Daten zugegriffen werden dürfe, solle nicht im Telekom-Gesetz stehen, sondern in der Strafprozessordnung [StPO], ebenso die Fristen. Nur so seien die von betroffenen Berufsgruppen geforderten Schutzbestimmungen für Anwälte, Ärzte, Journalisten gegeben, denn die stünden bereits in der StPO, ließ Faymann ausrichten.
Was den Umfang der Richtlinie betreffe, so bleibe es beim geforderten Minimum: ein halbes Jahr.
"Wirtschaftsfeindlich"
Hans-Jürgen Pollirer, Obmann der Bundessparte Information und Consulting in der Wirtschaftskammer [WKÖ], hatte sich nachdrücklich gegen Forderungen nach einer Fristverlängerung der Vorratsdatenspeicherung ausgesprochen.
Die erfreuliche Entwicklung des österreichischen Informations- und Kommunikationssektors dürfe nicht durch weitere wirtschaftsfeindliche Maßnahmen belastet werden.
Interessenverbände
Die Interessenverbände der Unterhaltungsindustrie treten dagegen massiv für eine Verlängerung der Datenspeicherfrist und eine Senkung der rechtlichen Schwellen für den Datenzugriff ein.
So sollen auch Verstöße privater Einzelpersonen gegen das Urheberrecht durch schnellen Zugriff auf die zur Terrorbekämpfung gespeicherten Vorratsdaten verfolgt werden können.
Quelle: Fz
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