Österreichisches Gericht kippt Urteil - PCR-Test sollen nicht zur Diagnostik geeignet sein?
02. April 2021, 09:122
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Als Quelle dient unteranderem ein bizarres Youtube-Video.
Ein echtes Hammer-Urteil
und ..
absolut bahnbrechend
.. so frohlockte FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl auf seiner Facebook-Seite. Auf querdenkerischen und rechtsextremen Websites wird lautstark gejubelt.
Aber Warum?
Nun sei es also "amtlich", dass "PCR-Tests völlig ungeeignet" seien und die "Corona-Politik ohne Basis".
Dies wegen einer 13-seitiges Erkenntnis, des Landesverwaltungsgerichts Wien (Geschäftszahl VGW-103/048/3227/2021-2), das am Mittwoch zugunsten der FPÖ ausfiel. Hier ging es um die Untersagung einer von der FPÖ in Wien angemeldeten Corona-Demo am 30. Jänner, welche demnach seitens der Landespolizeidirektion Wien "zu Unrecht" erfolgt. Ist jetzt aber auch nicht besonders überraschend, denn die Abwägung zwischen dem Recht auf Versammlungsfreiheit und dem öffentlichen Gesundheitsschutz ist notorisch heikel.
Was aber durchaus überraschend ist, in welcher Art und Weise sich der Richter zum Corona-Experten aufschwingt und ohne Beiziehung von Fachleuten seine Sicht der Dinge als virologische Wahrheit verkauft.
So attestiert Er der Corona-Kommission im Gesundheitsministerium im Handumdrehen eine falsche Definition der Infektionszahlen. Beim Wiener Gesundheitsdienst - auf den sich die Polizei berief - ortet Er ..
zum Seuchengeschehen keine validen und evidenzbasierten Aussagen
Als Spezialist für "Rückführungen und Lenkberechtigungen", meinte zusätzlich ..
dass ein PCR-Test nicht zur Diagnostik geeignet ist
Als Quelle nimmt Er hierfür unter anderem ein zweiminütiges reißerisches Youtube-Video, mit markant hervorgehobenen Botschaften, heran.
In diesem Video werden in den zusammengestückelten Sequenzen aus dem Zusammenhang gerissene Aussagen des Chemikers und Erfinders der PCR-Methode, Kary Mullis, dargeboten.
Der grosse inhaltlicher Aufhänger seiner Ausführungen ist aber, dass Mullis entgegen dem wissenschaftlichen Konsens den Zusammenhang von HIV und Aids in Abrede stellt. Mullis hat Sars-CoV-2 übrigens nicht mehr erlebt, der US-Amerikaner starb Mitte 2019 vor Ausbruch der Pandemie. Die Videomacher danken ihm für die "Wahrheit aus dem Jenseits".
Der Richter lehnt sich also mit seiner Corona-Beurteilung weit aus dem Fenster lehnt, ohne offenbar das Gutachten eines Sachverständigen eingeholt zu haben.
Befragt man nämlich wissenschaftliche Experten zur virologischen Argumentation des Urteils, bleibt von dieser nicht viel übrig. So meinte der Molekularbiologe und RNA-Experte Julius Brennecke ..
Der PCR-Test ist der beste Test, um eine momentane Infektion auszuschließen oder eine akute bzw. vor kurzem erfolgte Infektion nachzuweisen[..]
Der hochsensitive und hochspezifische PCR-Test ist laut Brennecke auch der derzeit beste Test, um eine Diagnose zu stellen.
Auf Seite 9 des Urteils ist außerdem zu lesen ..
[..]bei CT-Werten über 24 kein vermehrungsfähiger Virus mehr nachweisbar und ein PCR-Test nicht dazu geeignet ist, die Infektiosität zu bestimmen[..]
Brennecke, nennt den angeblichen Schwellenwert 24 "unwissenschaftlich".
Im Einklang einer Studie des Berliner Virologen Christian Drosten erklärt er, dass bei einer Viruslast von etwa 1.000 Kopien pro Mikroliter Abstrich eine Infektiosität der betroffenen Person wahrscheinlich ist - das entspricht je nach Verfahren etwa einem CT-Wert von 30 und bedeutet rund 60-fach weniger Virusmenge als bei einem CT-Wert von 24. Mit einem CT-Wert von 24 und der britischen Virusvariante könne man demnach "hochansteckend" sein, sagt der Molekularbiologe, der auch den Gurgeltest mitentwickelt hat.
Den im Bescheid, mit dem die Polizei die FPÖ-Demo untersagt hat und den der Richter aufgehoben hat, wurde explizit mit der höheren Ansteckungsgefahr der Mutante B.1.1.7 argumentiert - mittlerweile macht diese in Österreich 84 Prozent aller Corona-Infektionen aus.
Zusätzlich verbreitet der Richter seine Thesen, zur Pandemie, indes nicht nur per Urteil, sondern auch mittels privater Stellungnahmen zu Corona-Gesetzen. Das zeigt eine Recherche auf der Homepage des Parlaments.
Er protestiert gemeinsam mit einer Frau, die ebenfalls am Wiener Verwaltungsgericht als Richterin aktiv ist, gegen die Novelle des Epidemiegesetzes und Covid-Maßnahmengesetzes, die im Jänner kurz vor der untersagten FPÖ-Demo in Kraft trat. Darin findet sich auch die in "querdenkerischen" Kreisen populäre Vokabel der "Testpandemie".
Bild: Screenshot
Aber was heißt dies nun im Endeffekt?
Es könnte eine Abfassung eines längeren Schriftstücks zum erstinstanzlichen Urteil auf den Verwaltungsgerichtshof (VwGH) zukommen. Jedenfalls wenn es nach der Landespolizeidirektion Wien geht.
Diese will eine außerordentliche Revision einlegen und auch in die nächste Instanz gehen. Aber ob ein Höchstgericht in dem Fall aber überhaupt tätig werden kann, ist noch nicht klar.
Der VwGH-Richter Hans Peter Lehofer schreibt, für den Kernbereich des Versammlungsrechts sei der Verfassungsgerichtshof (VfGH) zuständig.
Und hier gib es eine juristische Crux, den die Landespolizeidirektion kann keine VfGH-Beschwerde vorbringen.
Aber ich will jetzt nicht über die Gültigkeit des Urteils diskutieren, oder es in Frage stellen. Wir leben in einem Rechtsstaat und es ist so gültig. Auch will nicht nicht gegen die Demonstrationsfreiheit sagen, diese ist ein Grundrecht und das ist gut so und wichtig. Es geht hier eher um die Qualität des Urteils und auch diese darf in einem Rechtsstaat diskutiert werden.
Wenn der "Experte" ein YouTube Kanal ist, kommt das - meiner Meinung nach - in so einem Urteil aber nicht gut.
Es gab also eine Urteilsbegründung, welche sich nicht auf ein notwendiges Gutachten, sondern die Privatmeinung des Laien im medizinischen Bereich stützt. Die ganze Urteilsbegründung basiert aus seiner Meinung und das nicht wirklich eine gute Basis und wird/würde wohl auch höchstgerichtlich scheitern.
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